Die Geschichte transportabler Radiogeräte, die auch früh bereits als Kofferradios bezeichnet wurden, ist nahezu so alt wie die des Radios selbst.
Da Radios zunächst nahezu ausschliesslich mit Batterien betrieben wurden und erst in späteren zwanziger Jahren mit einem Netzteil für Strom aus dem öffentlichen Stromnetz versehen worden waren (in Deutschland: ab 1927), lag es nahe die Batterien ins Gehäuse zu verlagern und das Gehäuse selbst mit einem Tragegriff zu versehen.
Bei den ersten transportablen Radiogeräten war es üblich, dass diese mit Kopfhörer- bzw. Lautsprecheranschlüssen versehen waren, um einen externen Lautsprecher anzuschließen. In den USA kamen die ersten leistungsfähigen Kofferradios der Firma RCA (Radio Corporation of America) mit integriertem Lautsprecher im Jahr 1923 auf dem Markt. Es waren leistungsfähige Batterie- Superhet- Empfänger mit drehbarer Rahmenantenne und integriertem Trichterlautsprecher, die in einem stabilen, lederbezogenem Koffer eingebaut waren.
In den dreißiger Jahren wurden die Empfangsleistungen der Kofferradios immer besser, allerdings waren sie doch recht unhandlich und schwer aufgrund der grossen Batterien. Radios waren in diesen Jahren generell teuer, Kofferradios waren Luxusgüter, die sich nur wenige Personen leisten konnten. Deutsche Kofferradios aus dieser Zeit sind daher heute eher selten anzutreffen. Das abgebildete Kofferradios ist ein typischer Vertreter seiner Art aus Grossbritannien.
Zu den Olympischen Spielen 1936 in Berlin kamen mehrere verschiedene "Volkskofferradios" auf den Markt unter anderem der Deutsche Olympia Koffer (DOK) 1936 von Schaleco. Ein weiteres Modell, welches dann als Gemeinschaftprodukt mehrere Hersteller produziert worden ist, erschien 1937 als Deutscher Olympia Koffer 1937. Diese Radios wurden in weitaus geringeren Mengen als die bekannten Volksempfänger VE301 produziert. Nicht zuletzt der hohe Anschaffungspreis und die hohen Batteriekosten hielten die Kundschaft ab, sich solch ein Gerät zu kaufen.
Viele deutsche Kofferradiogeräte aus den 30er und 40 er Jahren waren für den Export bestimmt, da die deutsche Radioindustrie als Spitzenprodukte mit Weltruf galten. Aufgrund des Krieges wurden einige Kofferradiomodelle zur Truppenbetreuung modifiziert. Im Zweiten Weltkrieg wurden Kofferradios in grösserer Anzahl für die Truppenbetreuung eingesetzt. In dieser Zeit wurden für Kofferradios spezielle Elektronenröhren entwickelt, die bei geringer Heinzspannung auch einen wesentlich geringeren Heizstrom benötigten.
Direkt nach dem Krieg gab es neben den etablierten Herstellen viele neue Kleinhersteller. Diesem, aus radiotechnischer Sicht sehr interessanten Zeitraum, ist eine eigene Rubrik gewidmet. Kofferradios sind aber erst wieder in der Saison 1948/49 erschienen.
Dieses Meteor Radio der Fa Lekies ist solch ein Vertreter. Noch zum Teil mit Wehrmachtsröhren bestückt, die aus alten Krieg-Beständen stammten, wurde dieses Gerät als einfaches, mobiles Einkreisgerät produziert.
Auch eine andere neue Firma sollte für die nächsten Jahre den Markt für Henkelware in Deutschland neu aufmischen: Die Fa. Akkord, nach deren Angabe die erste Spezialfabrik für Kofferradios. Dem Erstlingswerk, dem Modell Camping, war noch nicht der grosse Erfolg gelungen, den Nachfolgemodell Offenbach aber umso mehr.
Eine Besonderheit stellt die Fa. Metz dar, die damals, ebenfalls wie Grundig noch recht jung war. Metz versuchte immer wieder durch besondere Nischenprodukte auf sich aufmerksam zu machen, was mit dem Metz Baby auch gelang. Die Form des in den USA genannten "personel radios" war schon knapp 10 Jahre bekannt, in Deutschland war es das erste Radio in dieser Form und wurde ein achtbarer Erfolg.
In Westdeutschland kamen Kofferradios mit dem Wirtschaftswunder nun auch in höheren Stückzahlen in den Handel. Anfang der 50er Jahre waren oft das Design US- amerikanischer Kofferradios zu finden , da auch viele der Radios in die USA exportiert wurden. Eines dieser vermeintlichen "Plagiate" war das Blaupunkt Nixe, die Ähnlichkeit zum Design der vorjahreskollektionen von RCA (Radio Coopoeration of America) ist unverkennbar.
Auch kleinere, unbedeutendere Hersteller wie Lembeck brachten ein Kofferradiomodell auf den Markt. Oft besetzten diese Hersteller einen Nischenmarkt, hier in Form einer Echtledertasche. Leider war das auch meistens das Ende vieler kleinerer Radiohersteller, Lembeck stellte die Produktion im Jahr 1954 ein.
Im Jahr 1954 kamen die ersten Kofferradios der Deutschen Demokratischen Republik auf den Markt. Diese setzten sich durch ein eigenes Design zu denen in Westdeutschland ab. Viele dieser Kofferradios gingen in den Export und waren für einige Jahre auch durchaus konkurenzfähig. Radios, die für "exprortfähig" erachtet worden war wurden mit einer "1" in einem dreieckigen Symbol gekennzeichnet, "einfachere Qualität" wurde mit einer "2" gekennzeichnet und war für den Binnenmarkt vorgesehen.
In den USA wurde Anfang der fünfigzer Jahren grosse Kofferradios mit mehr als einem Kurzwellenbereich populär. Nahezu alle grossen Hersteller aus den USA bauten diese typischen, recht leistungsfähigen "World Receiver". Besonders erfolgreich waren die Firmen Zenith und Hallicrafters, die diese Kofferradios in, für europäische Verhältnisse, recht hohen Stückzahlen bauten. Es sollte noch fast 10 Jahre dauern, bis auch deutsche Hersteller sich diesen Spezialempfänger widmeten, allerdings waren diese dann mit Transistoren bestückt.
Eine Auswahl alter deutscher Kofferradios.
[Bild: Akkord Transola E, Radione R25]
Durch die Transistortechnik wurden die Kofferradios noch kleiner und die ersten Taschenradios kamen auf den Markt. In den USA wurden bereits die ersten volltransistorisierten Taschenradios im
Jahre 1954 vorgestellt, in Deutschland
in den Jahren 1956/57, diese besaßen aufgrund der damaligen technischen Grenzen nur den Mittel- und Langwellenbereich.
[Bild: Telefunken Partner, Nordmende Minibox]
Im Jahr 1958 kamen die ersten volltransistorisierten Kofferradios mit Kurzwellenbereich und schon ein Jahr später mit dem Ultrakurzwellenbereich auf dem deutschen Markt. Die Ära der mit Elektronenröhren bestückten Kofferadios neigte sich dem Ende zu.
[Bild: Telefunken Bajazzo Transistor, Telefunken Bajazzo 59, Rema Trabant UKW]
Henkelware mit UKW- Bereich wurden ein Verkaufsschlager. Auch Firmen, die sich vorher nie mit Kofferradios beschäftigt hatten, profitierten vom rechtzeitigen
Einstieg in das neue Geschäftsfeld.
[Bild: Nordmende Transita 60, Greatz Joker]
In den sechziger Jahren wurden die Taschenradios noch kleiner, die japanischen Taschenradios waren zu einer starken Konkurrenz geworden. Die Bauteile wurden immer weiter miniaturisiert. Damit es dann zu hause dennoch etwas besser klang gab es passende Erweiterungs-Lautsprecher zur Tonverbesserung sogar mit Uhr zum Aufziehen für’s Nachtschränkchen.
[Grundig Mini Boy mit Uhr, Telefunken Ticcolo]
Koffer- und Taschenradios wurden zu Massenartikel, deutsche Radios genossen immer noch einen sehr guten Ruf und wurden weltweit exportiert. Die Ausstattung der Kofferradios wurden immer weiter verfeinert, die Luxusausführungen hatten ein Echtholzgehäuse aus Teak. Kofferradios wurden oft auch mit spziellen Autohalterungen als Autoradio „missbraucht“. Eine wenige Modelle hatten sogar einen automatischen, motorgestützen Sendersuchlauf.
[Bild: Schaub Lorenz Touring , Philips Annette Automatik]
Anfang der siebziger Jahre wurde der Absatz deutscher Kofferradios schwächer, da sich auch eine gewisse Marktsättigung ergab und die japanische und später auch koreanische Konkurrenz immer stärker wurde. Viele Kofferradios wurden nun mit einem Compact- Kassettenteil versehen, welches in den sechziger Jahren von Philips entwickelt worden war. Da Design der siebziger Jahre unterschied sich deutlich von dem der Jahre davor.
[Bild: Blaupunkt Carnaby]
Ende der siebziger Jahre kamen besonders grosse Kofferradios mit Casettenteilen und grossen Stereo Lautsprechern auf den Markt. Es gab nur noch wenige deutsche Herrsteller, die auch solche "Gettoblaster" herstellten. Die meisten gaben ihren guten Namen nur noch für umgelabelte Radios aus Fernost her.
Hier endet vorläufig die Geschichte. To be continued...
Aus organisatorischen Gründen wird in diesem Jahr die Radio Börse "Radio-Nostalga" ausfallen.